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Arbeiten im Schweizerischen Nationalpark

Wenn Bubenträume in Erfüllung gehen

Arbeiten im Schweizerischen Nationalpark – Wenn Bubenträume in Erfüllung gehen

Ist es wahr? Diese Frage stellt sich Steivan Luzi ab und an noch. Er habe noch nicht ganz realisiert, dass sein Traum Wirklichkeit geworden ist. «Es ist der Wahnsinn, wie ein Sechser im Lotto, wenn du jeden Tag deinen Traumberuf ausüben darfst.» Der 31-Jährige S-chanfer ist seit Juni 2020 Nationalparkwächter. Inspiriert von seinem Grossvater, Simon Luzi, träumte der heutige Familienvater schon als kleiner Bub davon, einmal in dessen Fussstapfen zu treten. Dieses Mal hat er es geschafft. Aus 91 Bewerbern wurde er ausgewählt. «So eine Chance bekommst du vielleicht einmal im Leben. Dass eine dieser begehrten Stellen ausgeschrieben ist, dann, wenn du bereit dafür bist. Ich hatte mich mit Anfang 20 schon einmal beworben, das war zu früh. Jetzt erst bin ich reif dafür.»

Und es ist, wie er es sich vorgestellt hat – «da schnuz». Was aus dem Rätoromanischen übersetzt so viel wie grossartig bedeutet. «Die ersten beiden Monate waren sehr anstrengend, man läuft jeden Tag viel, aber es ist ein Privileg mit und in der Natur zu arbeiten. Flora, Fauna und die Tierwelt faszinieren mich.»

Parkwächter

Den Nationalpark wintersicher machen

Auch in den höheren Lagen sind heuer, Ende November, gewisse Wanderwege noch immer zugänglich. Andere müssen aufgrund von Eis oder Schnee allmählich geschlossen werden. Heute demontieren Steivan und sein Arbeitskollege Claudio Irniger deshalb eine Brücke auf dem Weg zur Cluozza Hütte. Ein rund zweistündiger Fussmarsch ab Zernez steht an. Hammer, Akkubohrer, Funk, ein erstes Hilfe Kit und das Wichtigste – «la marenda», das Mittagessen, sind im Rucksack verstaut. Den Feldstecher tragen die beiden stets griffbereit um den Hals. «Der November ist der Monat der Gämse», sagt Claudio während wir dem Weg durch den Wald folgen. «Sie befinden sich noch in der Brunft, das Fell der Männchen ist ganz schwarz und man kann beobachten, wie sie einander jagen. Oftmals ist es ein Kampf um Leben oder Tod.» Die Aufgabe der Parkwächter ist zu beobachten und das Gesehene zu dokumentieren. Sie greifen höchst selten ins Geschehen ein. Die Natur regelt sich von selbst. Dann wird es ruhig. Steivan und Claudio haben eine Gams entdeckt. Sie nehmen den Feldstecher hoch. Nur ein paar Meter von uns entfernt steht sie im Wald. Sie flüstern. «Ein Weibchen mit Kitz.» Wenige Schritte weiter sehen wir die nächsten Tiere, auch diese nur unweit des Wanderweges. «Sie mögen dieses offene Gelände hier», sagt Steivan, während er die Hänge nach weiteren Tieren absucht. Die Beobachtungsphasen werden zu willkommenen Verschnaufpausen. Wenn der Blick nicht in die Ferne gerichtet ist, dann auf den Boden. «Da, Hasenspuren», ertönt es von weiter vorne und Steivan zeigt mit dem Finger auf die Spuren im Schnee. Kurz darauf eine grössere Spur, «der Luchs», sagt er fast beiläufig. «Es macht wahnsinnig viel Spass die Spuren zu lesen und wenn man, so wie an diesem späten Novembertag, fast allein ist auf den Wanderwegen und dazu noch als einer der Ersten, sieht man noch so viel mehr als sonst.»

Und plötzlich eröffnet sich uns der Blick in die Val Cluozza und die Val dal Diavel. Eine imposante, mit Schnee verzuckerte Bergkette. Im Wald erkennt man auch die Cluozza Hütte, eine der einzigen Übernachtungsmöglichkeiten im Nationalpark. Ein Ort, fernab von allem, umgeben von der reinsten Natur seit 1914. Seitdem es den Nationalpark gibt. Wir haben die nötige Höhe für heute bewältigt. «Da vorne ist unser heutiger Arbeitsplatz.» Steivan zeigt in die Ferne. Wir haben die Brücke erreicht.
Ein paar Handgriffe später ist die rund drei Meter lange Brücke, die über einen von Lawinen erzeugten Graben führt, weg.

Parkwächter

Aussergewöhnliche Begegnung

Inzwischen ist Mittagszeit und wir setzen uns mit Blick in die Val Cluozza. Steivan packt ein kleines Luftkissen aus und setzt sich damit auf einen Stein. Es gibt Käse, Wurst und Brot, dazu Tee aus der Thermosflasche. Die Sonne scheint ab und zu durch, der Himmel ist milchig und immer wieder weht ein kühler Wind. Steivan streift den Rand seiner Mütze, den er zuvor über die Ohren gefaltet hatte, wieder über die Ohren.

Das Zwitschern der Vögel wird der Art zugeordnet und in der Ferne beobachten wir einen Adler. Touristen begegnen wir keinen. Claudio und Steivan geniessen die Ruhe, auch wenn sie den Kontakt mit den interessierten Parkbesuchern im Sommer sehr schätzen. «Die erste oder spätestens dritte Frage ist immer, ob es Bären und Wölfe hat», sagt Claudio. Er lächelt und sucht auf seinem Handy ein Foto heraus. Er reicht mir das Telefon – ein Wolf blickt mich direkt an. «Es war purer Zufall, ich habe im Grunde auf einen Hirsch gewartet, um diesen abzulichten. Der kam auch und kurz darauf dann der Wolf. Das Tier stand rund 60 Meter von mir entfernt.» Erinnerungen, die für immer bleiben.

Ein solches Erlebnis ist ein Glück – Steivan hofft, es irgendwann selbst zu haben.
In der Zwischenzeit zehrt er von allen anderen Eindrücken, die er in seinen ersten Monaten als Parkwächter sammeln konnte. «Und das sind viele.» Den Rucksack wieder gepackt sind wir bereit für den Rückweg. Mit einem Blick in die Ferne sagt er: «Ich meine, gibt es einen schöneren Arbeitsplatz!?»