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Arthur Schnitzler ist 20 und hat gerade sein Medizin-Rigorosum bestanden. Er belohnt sich im August 1882 mit einer Reise, die ihn unter anderem erstmals ins Engadin führt. Nur für 3 Tage, aber lang genug, um gleich die Höhle des Morteratschgletschers zu inspizieren. 11 Jahre später gibt er den Arztberuf zugunsten des Schreibens, dass parallel immer mitlief, auf. Sein Interesse für Höhlen hat dabei nicht nachgelassen, nur sind es in seinem Werk die Hohlräume der Gesellschaft, die labyrinthischen Verästelungen und Abgründe des Seelischen, die Dunkelzonen menschlicher Leidenschaft, die Maskeraden einer sklerotischen Moral, welche der analytisch geschärfte Blick des Mediziners ausleuchtet und mit skandalträchtigen Tabubrüchen beantwortet. 1913 ist Schnitzler bereits der meistgespielte Autor auf deutschsprachigen Bühnen. Von da an werden seine Engadiner Ferienaufenthalte – noch 7 sind es bis 1930, ein Jahr vor seinem Tod – immer ausgedehnter. Und die Hotels komfortabler. Aber auch hier vergeht – neben langen Spaziergängen – kaum ein Tag ohne Arbeit. Zudem ist Schnitzler gefordert, die vielfältigen emotionalen Ansprüche und Verletzlichkeiten, die sich aus seinem komplexen persönlichen Beziehungsnetz ergeben, in das gleichzeitig mehrere Frauen verwoben sind, irgendwie auszubalancieren. Die geschiedene Ehefrau, die Freundin, die Geliebte – sie begleiten ihn auch ins Engadin. Ist letzteres ausgedehnt genug, um mit allen ein Stück weit Ferien zu machen, ohne dass es zu direkten Begegnungen und Eifersuchtsszenen kommt? Der Vortrag verrät es.