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Im Wald der Klänge

Morgenkonzerte Camerata Pontresina

Camerata Pontresina

Im Taiswald bei Pontresina umschmeicheln einen im Sommer jeden Morgen erfrischende Klänge und wecken die Sinne.

Im Frühsommer, wenn die Konzertsaison im Taiswald beginnt, ist um 11 Uhr morgens die Luft noch frisch. Die Sonne zeichnet helle, warme Flecken auf den hölzernen Musikpavillon und auf die Bänke, die auf dem Waldboden zwischen den Bäumen stehen. Man setzt sich und lauscht. Weisse Wolken fliegen vor dem klaren Blau des Himmels dahin, scheinbar im Takt des beschwingten Walzers von Johann Strauss, den das Trio an diesem Morgen anstimmt. Die Wolken ziehen Richtung Schafberg, wo Giovanni Segantini an seinem berühmten Triptychon malte. Dort oben in der Hütte starb er 1899, im gleichen Jahr wie Johann Strauss, lange bevor die zauberhaften Klänge aus dem Wald zum ersten Mal erklangen. Die Tradition der täglichen kostenlosen Morgenkonzerte während der Sommersaison nahm 1910 ihren Anfang.

Camerata Pontresina
"Das ausserordentliche Erlebnis liegt in der Lebendigkeit, mit der hier musiziert wird."
Camerata Pontresina

Das Revival beginnt in den 1980er-Jahren

Die Konzertreihe überlebt zwei Weltkriege und mehrere technische Revolutionen und kommt irgendwann in das Alter, wo eine Verjüngungskur unumgänglich wird. 1984 übernimmt der Flötist Jürg H. Frei die Leitung des Salonorchesters St.Moritz, fünf Jahre später auch die der Camerata Pontresina und 2001 die Konzeption der Konzertreihe Sils. Er profiliert und erweitert die Formationen, bereichert und aktualisiert das Repertoire, öffnet das Programm für interessante Bearbeitungen, neue Interpretationen und Experimente. Frei setzt dabei auf künstlerische Komplizenschaft: «Das Ganze ist ein familiärer Betrieb. Einige Musiker sind schon lange dabei. Der Pianist Mariusz Danilewski zum Beispiel ist seit 30 Jahren eine wichtige Stütze des ganzen Unternehmens. Daniel Bosshard, ebenfalls Pianist, betreut die umfangreiche Musikbibliothek mit und stellt die Programme der Trios zusammen, in denen er spielt. Manchmal müssen aber auch plötzlich elf verschiedene Cellisten für eine Saison engagiert werden, weil niemand länger Zeit hat. Die wechselnden Besetzungen eröffnen Raum für Entdeckungen. Man lernt einander kennen, die sozialen Kontakte werden gepflegt.»

Dieser Impresario, wie sein altmodischer Titel lautet, leistet Unglaubliches. Er ist sowohl künstlerisch als auch administrativ für das Gesamtdispositiv zuständig. Als Einzelperson organisiert er an drei Orten insgesamt über 200 Konzerte, die aufeinander abgestimmt sein müssen. Das Rezept klingt einfach, die Vorbereitungen einer Saison bedeuten aber monatelange Arbeit: «Das Programm muss abwechslungsreich sein, die Musiker hervorragend, man muss Aufwand im Griff haben, und es dürfen keine Lücken entstehen.» Jeden Sommer gelingt es Frei aufs Neue, hochprofessionelle Musiker und Musikerinnen zu verpflichten.

Der Reiz der Spontaneität

Die junge Cellistin Ioanna Seira ist 2020 zum ersten Mal bei der Camerata Pontresina dabei. Sie lebt als freischaffende Musikerin in Zürich und spielt im Opernhaus, im Tonhalle-Orchester und in zwei Barockorchestern. In Pontresina geniesst sie die ungewohnte Arbeitsweise: «Mit dieser Art von Musik habe ich nicht viel Erfahrung. Hier lerne ich eine Menge darüber. Die Herausforderung, jeden Tag ein neues Programm praktisch prima vista zu spielen, gefällt mir sehr. Das braucht eine grosse Konzentration. Auch die schnelle, kompakte Art der Arbeit ist erfrischend. Um 9 Uhr proben wir eine Stunde lang, um 11 Uhr spielen wir das Konzert. Und manchmal spielen wir nachmittags woanders ein neues Programm.»

Besonders interessant sind für sie die Kontakte mit den Kollegen: «Ich hatte das Glück, gleich in der ersten Woche im Trio mit dem Pianisten Daniel Bosshard zu arbeiten. Ich konnte von seiner Erfahrung und seinen Kenntnissen der Salonmusik profitieren. Die grösste Überraschung war, dass der Dritte im Bund zufällig der Geiger Branco Šimić war. Er ist einer meiner besten Freunde, mit dem ich sonst in anderen Formationen spiele. Die Musikwelt ist so klein!»

Das ausserordentliche Erlebnis liegt in der Lebendigkeit, mit der hier musiziert wird. Es handelt sich nicht um eingespielte Ensembles, sondern um Musiker, die sich gemeinsam auf einmalige Auftritte einlassen. Sie spielen jeden Tag ein anderes Programm und begegnen sich in immer neuen Formationen. Diese Frische hat einen abenteuerlichen Aspekt. Die Cellistin Ioanna Seira beschreibt das so: «Der Reiz liegt in der Spontaneität des Spiels. Immer wieder entstehen unerwartete, musikalisch schöne Momente. Von der Waldbühne habe ich zunächst nichts Grosses erwartet, aber die Akustik ist wirklich gut und die Verbindung von Musik und Natur ist eine bereichernde Erfahrung.»

Diese Symbiose, die die Musik mit der Atmosphäre und den Geräuschen der Umgebung eingeht, verleiht den Konzerten im Taiswald einen besonderen Charme. Das Kratzen eines Eichhörnchens, der Schrei eines Vogels, der Wind in den Bäumen, das Knacken eines Astes, das Lachen eines Kindes, der Zug nach Tirano, der im Hintergrund die Kurve bergauf nimmt, ein Helikopter in der Ferne, das alles verwebt sich mit den Klängen der Instrumente zu einer faszinierenden Klanglandschaft.