Am Anfang war das Licht. Und die Künstler sahen, dass es gut war. Ausgezeichnet sogar – dieses unvergleichliche Engadiner Licht, das aus einer schönen Aussicht eine atemberaubende Aussicht macht. Kein Wunder, dass Künstler auf Muottas Muragl Kraftort und Inspirationsquelle zugleich finden. Kreative Zeugnisse ihrer Kunst finden wir nicht nur in Museen, sondern auch am Wanderweg!
Muottas Muragl – dieser Logenplatz der Götter mit seinem prächtigen Panorama, der himmlischen Ruhe und kraftstrotzender Natur – inspiriert seit Jahrhunderten schon Maler, Poeten, Philosophen und andere kreative Geister aus aller Welt. Grosse Namen wie Giovanni Segantini, Giovanni Giacometti oder Friedrich Nietzsche liessen ihre Blicke in jene Ferne schweifen, die ihre Betrachter selten so bezaubert wie von diesem Berg aus. Sie unterwarfen sich bereitwillig dem Bann des besonderen Lichts und verewigten es in ihren Werken.
Es war einmal an einem Herbstmorgen im Jahr 1897, als sich die beiden Malerfürsten Giovanni Segantini und Giovanni Giacometti zu Fuss auf den Weg nach Muottas Muragl machten. Gemeinsam mit ihren berühmten Kollegen Ferdinand Hodler und Cuno Amiet sollten sie für die Pariser Weltausstellung von 1900 ein gigantisches Rundgemälde schaffen. Und Segantini und Giacometti wussten auch schon genau, welches Motiv sie dazu beisteuern würden: natürlich den spektakulären Ausblick von Muottas Muragl über die Engadiner Seenkette und die sie umgebenden Berge! Leider blieb dieses Mammutprojekt aus finanziellen Gründen im Skizzenstadium stecken, Segantini verarbeitete diesen Ausflug stattdessen in seinem monumentalen Triptychon «Werden – Sein – Vergehen» (La Vita – La Natura – La Morte) mit dem Ausblick von der Segantini-Hütte, seinem ganz persönlichen Inspirationsort etwas oberhalb von Muottas Muragl. Monumental ist auch das vierteilige Panorama von Giacometti, das den Blick vom Rosegtal bis zum Piz Ot abbildet und welches er zur Dekoration eines St. Moritzer Chalets anfertigte.
Begegnungsstätte mit Künstlern und ihren Werken ist Muottas Muragl bis heute, wenn sich interessierte Wanderer auf den Kunstpfad «Senda d’Inspiraziun» begeben. Der Rundweg beginnt gleich oberhalb des Romantik Hotels an der Bergstation und präsentiert Skulpturen von fünf Schweizer Künstlern:
Die genaueste Sonnenuhr der Welt heisst «Sine Sole Sileo» (lat.: Ohne Sonne schweige ich.) und zeigt die Uhrzeit bis 10 Sekunden genau an. Für seine Installation auf einem Findling hat der Konstrukteur Fred Bangerter hier bestmöglichste Voraussetzungen vorgefunden, denn Muottas Muragl ist einer der sonnenreichsten Orte der Schweiz. Haben wir Ihre Interesse an dem Zusammenspiel von Sonne, Schatten und Zeit geweckt? Hier (Link auf Story zur Sonnenuhr) erfahren Sie mehr darüber.
Auch bei «Il Guot» (rätoromanisch: der Tropfen), einem Monument des Bildhauers Timo Lindner, ist der Name Programm. Der gewaltige schneeweisse Tropfen aus Naturstein, Mörtel und Marmor symbolisiert die Welt des Wassers: Wasser in unserem Körper, im Meer, als Regen, im Weltraum als Eis – und natürlich im Engadin als Schnee. Die 4 Meter hohe Skulptur, die wie alle Arbeiten Lindners rudimentär und archaisch wirkt, spiegelt die Bedeutung der einfachen Dinge des Alltags wider, die uns immer erfreuen werden.
An das 100-jährige Jubiläum der Standseilbahn Muottas Muragl erinnert «Cruscheda» (rätoromanisch: Kreuzung) von Curdin Niggli und deutet mit seiner Form die Begegnung beider Bahnwagen in der Mitte der Strecke an. Die Eisenskulptur weist auf den gleichsam eisernen Willen der Planer und ihren unermüdlichen Pioniergeist (Link auf Story Pionierleistung/Tourismusgeschichte) hin, der die Erschliessung Muottas Muragls mit einer Aussichtsbahn 1907 ermöglichte.
Zwar ziehen alle eindrucksvollen Bergriesen, die um Muottas Muragl Spalier stehen, die Bewunderung der Besucher auf sich, doch in den konzentrierten Fokus rücken dank der drei Bergerspäher «Ils Trais Piz» aus Corten-Blech von Fabian Forrer der Biancograt des Piz Bernina, der Piz Julier und der Piz Ot. Auch die begehbare Skulptur «Bernina Glaciers» von Ramon Zangger widmet sich – im wahrsten Wortsinne: eingehend – dem herrlichen Gipfelpanorama: Aus Engadiner Arvenholz gefertigt lädt das Kunstwerk den Wanderer zum Verweilen und Bewundern der imposanten Bergmassive um Muottas Muragl herum ein.